ANONYME ZEICHNER*innen
Wie wird das eigene Urteil beeinflusst, wenn man nichts über die Namen und die Herkunft der Urheber*innen weiß? Wie entwickelt man selbst eine Definition von Wert, wenn die Preise einheitlich sind? Wo ist die Grenze zwischen Kunst und Nicht-Kunst?
Im Rahmen der Ausstellungen der ANONYME ZEICHNER*innen werden jeweils rund 700 internationale Zeichnungen von 700 Künstler*innen präsentiert. Die Arbeiten werden ohne Namensnennung ausgestellt und zu einem symbolischen Einheitspreis von 250 € zum Verkauf angeboten. Die Künstler*innen erhalten 200 € pro Verkauf, der Rest wird für die Finanzierung der offenen Ausschreibungen und der Ausstellungen verwendet.
Die Anonymität der Zeichner*innen kann nur durch einen Verkauf aufgehoben werden: Verkaufte Zeichnungen werden direkt von der Ausstellungswand genommen, Name und Herkunftsort der jeweiligen Künstler*innen werden in die entstehende Leerstelle auf die Wand geschrieben. Der festgesetzte Einheitspreis versteht sich nicht als realer Marktpreis, sondern fungiert als konzeptueller Platzhalter für jede auf dem Kunstmarkt erdenkliche Verkaufssumme.
Durch das sukzessive Verschwinden einzelner Blätter von den Wänden im Laufe der Ausstellung verändert sich die ursprüngliche Installationsansicht Stück für Stück. Namen und Herkunftsorte von Künstler*innen, deren Arbeiten verkauft wurden, füllen die entstehenden Lücken.
Jeder Ausstellung geht ein INTERNATIONALER AUFRUF ZUR TEILNAHME voraus. Es gibt keine inhaltlichen Vorgaben. Die einzige Bedingung ist, dass die eingereichten Arbeiten nicht größer als A3 sind. Biografische Angaben werden nicht erfragt und spielen bei der Auswahl keine Rolle. Die Auswahl der Arbeiten wird anhand anonymisierter, digitaler Bilddateien getroffen. Erst nach der Auswahl für die Austellung schicken die für die Ausstellung ausgewählten Künstler*innen die Originale nach Berlin. Jede*r kann mitmachen. Die Teilnahme ist kostenlos.
Parallel zu den Ausstellungen ist das ARCHIV ANONYMER ZEICHNUNGEN entstanden. Alle dort archivierten Arbeiten sind Schenkungen von Künstler*innen die damit das Projekt unterstützen. Die Zeichnungen aus dem Archiv werden für Wanderausstellungen verwendet und können online gekauft werden. Das Archiv besteht inzwischen aus über 1500 Arbeiten und verändert sich mir jeder neuen Ausstellung und jedem Verkauf.
ANONYME ZEICHNER ist Konzeptkunst und Ausstellungsprojekt in einem: Die einzelnen Arbeiten werden Teil eines kollektiven Gesamtkunstwerks ohne Hierarchien.
ANONYME ZEICHNER wurde 2006 von der Berliner Künstlerin Anke Becker als nomadisches Ausstellungsprojekt und Konzeptkunstwerk ins Leben gerufen und ist inzwischen zu einer festen Institution in der Berliner Kunstlandschaft geworden. Seit dem Gründungsjahr war das Projekt in zahlreichen Ausstellungsräumen im In- und Ausland zu Gast.
Die auf den diesjährigen Aufruf folgende Ausstellung wird im Kunstraum Kreuzberg / Bethanien (November 2024 - Januar 2025) im Kunsthaus Erfurt (Februar 2025 ) und im Mai 2025 bei Hyperculturalpassengers in Hamburg gezeigt.
Den nächsten Aufruf zur Teilnahme wird es 2026 geben. Wer sich dafür interessiert, kann sich in unsere MAILINGLISTE eintragen.